LEZIONI DI TENEBRA (Lektionen der Finsternis)
Lucia Ronchettis Reduktion der Oper Giasone von Francesco Cavalli für Frauenstimme, Männerstimme und Ensemble
Komposition: Lucia Roncetti
Regie:Matthias Rebstock
Musikalische Leitung: Tonio Battista
Bühne und Figuren: Mirella Weingarten
Kostüme und Figuren:Sabine Hilscher
Katia Guedes - Sopran
Daniel Gloger - Countertenor
Vokalconsort Berlin
Parco della Musica Contemporannea Ensemble
Koproduktion des Konzerthaus Berlin, Parco della Musica Rom, Kunstfestspiele Herrenhausen und der Salzburg Biennale.
Premiere 24.2.2011 Konzerthaus Berlin
8. März 2011 Parco de la Musica/Rom
29.05 2011 19.00 Uhr in Hannover/Kunstfestspiele Herrenhausen Orangerie
„Berühren mit Blicken und Sehen mit Berührungen” lautet die Zeile einer der bekanntesten Arien aus Cavallis Giasone, in der Jason seine leidenschaftliche Sehnsucht nach Medea zum Ausdruck bringt. Freilich hat er sich verliebt, ohne die Angebetete je gesehen zu haben, denn ihre einzige Begegnung fand in der Dunkelheit statt. Die absichtliche Blindheit der Protagonisten und ihr zunehmend finsteres Schicksal ist das Thema dieser neuen Version von Cavallis Oper.
Die Neufassung Lucia Ronchettis ist gleichsam als ein liebevolles Remake konzipiert. Die Bearbeitung greift die Dramatik und den Plot der Vorlage auf, übernimmt Fragmente aus Cavallis Partitur, erweitert und entwickelt das Continuo, integriert neu komponierte Musik und sorgt für ein dichtes Netz von Beziehungen zwischen Original und Neuem. Eine der bahnbrechenden Leistungen Cavallis bestand darin, jeder Hauptfigur einen ganz individuellen Gesangsstil ‚auf den Leib’ zu schreiben; jede Vokalstimme verweist durch ihr individuelles Tempo, ihren Rhythmus, ihre Harmonik auf die Persönlichkeit jeder einzelnen Rolle – und nur auf diese!
Für jede der Personen erfand Cavalli gleichsam eine individuelle ‚musikalische Skulptur’, so dass man über deren Identität selbst dann im Klaren ist, wenn mehrere Figuren von ein und demselben Sänger dargestellt werden. Diese Eigenart von Cavallis Werk provozierte den in der Bearbeitung unternommenen Versuch, alle Hauptpersonen durch nur zwei Sänger darstellen zu lassen. Dabei verkörpert der Countertenor die empfindsamen, zerbrechlichen, der Sopran hingegen die agilen, robusten Charaktere. Die Beschränkung auf zwei Vokalstimmen, deren Blindheit, die Finsternis der Szene – all das verstärkt die aus Nicht-Kommunikation, Missverständnissen und Zweifeln erwachsende Dramatik: ein Kosmos an Einfällen wird versammelt und fokussiert auf zwei Darsteller.